Innenminister Maier: Wahlplakate nicht nachts alleine aufhängen
Thüringens Innenminister Georg Maier sagte, um Politiker besser zu schützen, brauche es Prävention und Repression. "Wir kommen nicht darum herum, auch Verhaltensregeln zu empfehlen", sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Das sei bedauerlich, weil damit bereits ein Ziel von Angreifern erreicht werde: Einschüchterung. "Wir müssen überall mit Angriffen rechnen", sagte Maier, der in Thüringen auch SPD-Chef und Spitzenkandidat der Sozialdemokraten für die Landtagswahl am 1. September ist.
Er selbst habe SPD-Wahlkämpfer noch einmal sensibilisiert, auf die eigene Sicherheit zu achten, "vorsichtig zu sein, nicht alleine die Plakate zu hängen, vor allem nicht in den Abend- oder Nachtstunden". Außerdem sei Repression nötig: Man müsse bei solchen Straftaten alles tun, diese aufzuklären.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte, die Antwort auf den Angriff auf Ecke könne nicht alleine die Frage sein, wie Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer jetzt durch Sicherheitskräfte in "Manndeckung" genommen werden könnten, sagte Kühnert. "Sondern die Frage muss sein, wie wir ein Sicherheitsumfeld mit einer wehrhaften Demokratie schaffen können, in dem es nicht mehr akzeptiert ist, dass Jagd gemacht wird auf Menschen, die ihr parteiliches Engagement auf die Straße tragen."
FDP erlebt häufig Beleidigungen
Auch die Wahlkämpfer der FDP nehmen mehr Aggression im Wahlkampf wahr als in den Jahren zuvor. Vor allem Beleidigungen hätten zugenommen, aber auch Vandalismus an Wahlplakaten, sagte Parteisprecher Michael Lindner der dpa. Wir werden uns davon aber nicht beirren lassen und weiter für Meinungsfreiheit, Demokratie und einen fairen Wettbewerb der politischen Ideen der Mitte einsetzen", fügte er hinzu. An Mitglieder und Wahlkämpfer gehe dennoch der Rat, bedachtsam und nicht alleine zu agieren.
Der Grünen-Vorsitzende, Omid Nouripour, sagte, seine Partei treffe Sicherheitsmaßnahmen und organisiere deutschlandweit Workshops. Diese sollten Wahlkämpfer für Eskalationen wappnen und helfen, Störungen bei Veranstaltungen und an Wahlkampfständen zu bewältigen. Mancherorts gingen Unterstützer bereits seit einiger Zeit nachts nicht alleine los, um Plakate aufzuhängen.
Die Grünen-Innenpolitikerin Misbah Khan sieht hinter der wachsenden Aggressivität auch einen Einfluss Russlands. "Befeuert von staatlich orchestrierten Desinformationskampagnen, die auch ein Teil der hybriden Kriegsführung Russlands sind, haben Extremisten mittlerweile ein enormes Selbstbewusstsein und umfangreiche Organisationsstrukturen entwickelt, um an den Grundfesten unserer Gesellschaft zu rütteln."
Die Innenminister von Bund und Ländern wollen am Dienstag über mögliche Konsequenzen aus der Gewalt gegen Wahlkämpfer beraten. Laut vorläufigen Zahlen der Bundesregierung waren Politikerinnen und Politiker der AfD im vergangenen Jahr in 86 Fällen Ziel von Gewaltdelikten. In 62 Fällen waren Mitglieder der Grünen betroffen. 35 Gewaltdelikte richteten sich demnach gegen SPD-Politiker. In 20 Fällen betraf es Politiker der Linken, in 10 Fällen waren die Opfer FDP-Mitglieder. Gegen CDU-Politiker richteten sich den Angaben zufolge 19 Gewaltdelikte. In zwei Fällen wurden 2023 Angehörige der CSU attackiert.